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Kein Geld, aber feiern gehen

Posted: April 6th, 2011 | Author: | Filed under: 2011, euromayday | Kommentare deaktiviert für Kein Geld, aber feiern gehen

Der Euromayday kommt wieder nach Dortmund. Doch was bedeuted das eigentlich? :bsz, die Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung liefert den Versuch einer Zusammenfassung unter dem Titel „Arbeitskampf jenseits des Tarifvertrags: der zweite EuroMayDay in Dortmund“:

»Der erste Mai ist traditionell der Tag, an dem die organisierte Arbeiterschaft die Innenstädte erobert und für bessere Arbeitsbedingungen und gerechtere Löhne auf die Straße geht. Aber was, wenn die Arbeitsbedingungen immer noch schlecht, die Löhne nicht besser ,die Arbeiterschaft aber teilweise gar nicht mehr arbeitet und auch nicht mehr organsiert ist? Prekäre Beschäftigung trifft immer mehr – vor allem junge Menschen. Sie verunsichert und vereinzelt. Die Vereinzelten aber werden langsam laut. „Mayday! Mayday!“ tönt es von der Parade der Prekarisierten: Der EuroMayDay Ruhr.

Der erste Mai ist seit dem Haymarket Riot, bei dem 1886 Arbeiter in Chicago für die Einführung des Achtstundentags auf die Straße gingen und es bei Zusammenstößen mit der Polizei zu mehreren Toten kam, international zum Kampftag der Arbeiterbewegung geworden. So schlecht die Lage der Arbeiter damals auch war: Sie war zumindest übersichtlich und es war klar, wer wen ausbeutet. Die Auseinandersetzung zwischen Arbeit und Kapital ist seither eine der zentralen, wenn nicht gar die zentrale politische Konfliktlinie westlicher Industriegesellschaften. Gewerkschaften, Parteien und Verbände beider Seiten prägen mehr oder minder deutlich die politischen Systeme. Mehr als hundert Jahre später geht es Lohnabhängigen zwar materiell zweifellos besser, ausgebeutet wird aber immer noch, und: Es ist längst nicht mehr so klar, wie die Fronten verlaufen.

Weg vom Normalarbeitsverhältnis

Relativ gleiche Lebens- und Erwerbslagen sind im modernen Kapitalismus passé; die „Normalbiographie“ mit Schule, Ausbildung und Arbeit bis zur Rente wird zum Auslaufmodell. Ein anderes Merkmal prägt stattdessen die Realität von immer mehr Menschen: Prekarität. Befristete Arbeitsverhältnisse, Minijobs, Teilzeit, schlechte Bezahlung oder das Hangeln von Auftrag zur Auftrag machen das Leben unplanbar und schaffen Unsicherheit, Druck und die Frage, wovon man wohl in einem halben Jahr seine Miete bezahlen soll. Davon sind Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenslagen in ganz unterschiedlichem Maße betroffen: Von der immigrierten Reinigungskraft mit unsicherem Aufenthaltsstatus bis zur promovierten Akademikerin, die Taxi fährt, wenn die Projektstelle mal wieder nicht verlängert wurde. Das Ganze läuft natürlich nicht konfliktfrei ab, durch die verschiedenen Lebenslagen können sich die Betroffenen aber nur schwer organisieren. Die Folge: der Protest bleibt oft stumm und auch Gewerkschaften tun sich schwer mit der neuen Situation.Um den Prekären eine Stimme zu geben, finden seit einigen Jahren in ganz Europa am ersten Mai EuroMayDay-Paraden statt. Sie bewegen sich jenseits der überwiegend der traditionellen Arbeiterbewegung verpflichteten Mai-Demos der großen Gewerkschaften. Auf dem EuroMayDay sind es grade die vereinzelt und unsicher Beschäftigten (oder eben auch Nicht-Beschäftigten), die sich Gehör verschaffen. 2010 gab es den EuroMayDay erstmals im Ruhrgebiet. Knapp 1.000 Menschen zogen in bunten Aufzügen mit kreativen Aktionen zu elektronischen Beats durch Dortmund. Der Ansatz zielt dabei auf Mobilisierung. „Wir wollen die Leute motivieren, selbst etwas zu machen und keine Stellvertreterpolitik zu praktizieren“, fasst Andrea aus der Organisationsgruppe das Konzept zusammen. Deswegen gibt es auf der EuroMayDay auch keine großen Reden von der Bühne herab, sondern Interviews, in denen die Betroffenen selbst zu Wort kommen. Dabei ist der EuroMayDay keine Veranstaltung von AkademikerInnen oder anderen Menschen, die mit viel kulturellem Kapital begütert sind und sich den Luxus des Protests leisten können. „Am EuroMayDay beteiligen sich ganz unterschiedliche Leute, von Migrantenorganisationen über informell Beschäftigte bis zu Menschen aus den kreativen Berufen ist alles dabei“, beschreibt Andrea das Spektrum. Mitmachen ist ausdrücklich erwünscht, die regelmäßig stattfindenden Vorbereitungstreffen sind öffentlich. „Kurz vor der Parade findet auf jeden Fall noch ein Treffen statt, auf dem wir gemeinsam Material für die Aktionen herstellen, hier kann jeder seine Ideen kreativ verpacken“, sagt Andrea.

Startpunkt für mehr

Auch ein Konzept wie beim EuroMayDay wird die Vereinzelung der Prekarisierten nicht knacken können. Zu unterschiedlich sind die Lebenslagen, zu unsicher die Situation der Einzelnen. Mit extrem niedrigem Einkommen oder unsicherem Aufenthaltsstatus ist auch das Protestieren schwierig. „Die Leute haben dann drängendere Probleme“ erklärt Andrea das Fernbleiben derjenigen, die eigentlich am meisten einen Grund hätten, laut zu sein. Dennoch: Der EuroMayDay soll keine einmalige Parade sein, sondern Keimzelle für mehr: „Bei der Vorbereitung haben sich viele Kontakte ergeben. Jetzt arbeiten Gruppen zusammen, die sich vorher kaum getroffen hätten“, so die Frau aus der Organisationsgruppe.«


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