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Keine Parade 2015 – Dafür Musik im Nordpol am 02.05

Posted: April 17th, 2015 | Author: | Filed under: euromayday | Kommentare deaktiviert für Keine Parade 2015 – Dafür Musik im Nordpol am 02.05

In 2015 wird keine Euromayday Parade im Ruhrgebiet stattfinden. Stattdessen organisieren einige Ehemalige der vielen Vorbereitungskreise einen Abend im Nordpol am 02.05.

Wir starten mit einer Lesung (tba) und im Anschluss gibt’s Cocktails zur Musik einiger DJ_anes der vielen Euromayday.

Im folgenden findet ihr eine Zusammenfassung der Entwicklung des Euromayday Ruhr seit 2010. Der Euromayday ist nicht tot, aber es braucht für 2016 eine re-organisation. Wer immer sich den Titel nimmt kann ihn haben. Kommt vorbei am 02.05 wenn ihr Ideen für 2016 hab.

Metropolenträume in der Provinz, oder wie alles begann…

»Wo das geht, geht alles«, verkünden selbstbewusst die Planer_innen der Kulturhauptstadt Ruhrgebiet 2010. Und dieser Optimismus bestimmt die gesamte Öffentlichkeitsarbeit im Vorfeld der Kulturhauptstadt. Er soll sich auf die Bewohner_innen des Ruhrgebiets übertragen, Lust auf Zukunft machen und sie alle beim großen Kulturfestival 2010 umarmen. Die Macher_innen der Kulturhauptstadt kommunizieren Euphorie. Doch die Rede von der „Metropole Ruhr“ klingt wie eine Beschwörungsformel, die nur oft genug wiederholt werden muss, um den Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen. Das Ruhrgebiet ist weit entfernt davon, eine urbane prosperierende Metropole zu werden. Daran wird auch das Projekt Kulturhauptstadt nichts ändern.

Die Entdeckung der Kreativwirtschaft

Mit der Kulturhauptstadt 2010 sind die Planer_innen des „Strukturwandels“ nun endgültig im Postfordismus angekommen. Sie propagieren »Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel«. Ein innovatives kulturelles Umfeldes soll als „weicher Standortfaktor“ gefördert werden und die neuen Wissensarbeiter_innen sowie die entsprechenden Firmen ins Ruhrgebiet locken. Umgekehrt soll die Abwanderung der als „kulturinteressiert“ identifizierten, qualifizierten Bevölkerungsgruppen verhindert werden. Damit ist auch die junge Medizintechnikabsolventin der Ruhr-Universität gemeint, die sich eher für elektronische Musik interessiert als für klassische Konzerte, nicht jedoch der Hartz-IV-Empfänger aus Bochum-Hamme. Denn der ist für den „Strukturwandel“ uninteressant.

Die Kulturhauptstadt Ruhr 2010 bezieht sich positiv auf die Chancen der Wissensgesellschaft, einer Gesellschaft, die vollständig unter dem Kapitalverhältnis subsumiert ist. Im Diskurs um die richtige Strategie des „Strukturwandels“ präsentiert sich die Kulturhauptstadt 2010 mit einem ausgrenzenden und instrumentellen Kulturverständnis. Kultur dient lediglich als Werkzeug zur Wirtschaftsförderung, von der nur eine Minderheit profitieren wird. Öffentliche Kritik äußerte sich daran bisher lediglich als Warnung vor der Kommerzialisierung der Kunst. Um für die Kulturhauptstadt als strategisches Projekt des „Strukturwandels“ Akzeptanz zu schaffen und ihr Partizipationsversprechen glaubhaft erscheinen zu lassen, propagiert das konkrete Festivalprogramm „Kultur für alle“. Und tatsächlich scheint in dem großen Sammelsurium von Ereignissen der Kulturhauptstadt 2010 für alle etwas dabei zu sein, von bildender Kunst bis zur Bratwurstbude – auch für den Hartz-IV-Empfänger aus Bochum-Hamme.

Warum 2010?

Wir finden es wichtig, einen Kontrapunkt zum Wortgeklingel der Kulturhauptstadt zu setzen, die „Wandel durch Kultur“ verspricht, jedoch Kultur nur als Standortfaktor meint und Kreativität auf eine Geschäftsidee reduziert. Dabei wollen wir zeigen, dass die prekären Arbeitsverhältnisse in der Kultur- und Kreativwirtschaft mit den Problemen von Armut und Erwerbslosigkeit im Ruhrgebiet verbunden sind.

Warum Euromayday?

Der Euromayday hat einen Ort geschaffen, um die prekären Lebens- und Arbeitsverhältnisse zu thematisieren und Betroffene und Aktivist_innen in ihrer Unterschiedlichkeit zusammen zu bringen. Dies geschieht in Form einer Parade rund um den ersten Mai, aber auch im Jahresverlauf in Form eines Netzwerks, das sich in aktuelle Auseinandersetzungen einmischt. Die laute, bunte Tanzparade, die weitere verschiedene Aktionsformen ermöglicht, geht über die sonst üblichen Demonstrationsformen hinaus. Eine Parade ist eine Parade ist eine Parade. Sie ist keine Kampfdemonstration, sie ist kein Karnevalsumzug. Sie ist eine Menge von Menschen, die auf Straßen und Bürgersteigen unterwegs ist und Bilder produziert: sich selbst, die eigenen Lebensbedingungen, seine Nachbarschaften, seine Arbeit, seine Vorstellung vom Leben – es geht darum, das jeweils eigene ‚Sein‘ sicht- und hörbar machen. Eine Parade ist ein Ausbruch aus Gewohnheiten.

Made in Common – die Welt ist voller Reichtum und sie gehört uns allen!

Die Welt ist voller Reichtum! Und es sind die Menschen, die diesen Reichtum produzieren. Mit ihrem Wissen, das sie miteinander teilen, mit ihren Ideen und Leidenschaften, mit ihrer Arbeit. Doch über diesen Reichtum der Vielen bestimmen nur wenige, eignen ihn sich an und verknappen ihn künstlich. In diesem Sinne ist das Leben als solches heute produktiv geworden. Wenn das gesamte Leben zur Arbeit geworden ist, dann ist dieses Leben heute prekär.

Her mit dem schönen Leben!

Wenn das, was den Dingen ihren Wert gibt, in der gesamten Gesellschaft entsteht – im lebendigen Gemeinsamen – und Wissen und Kommunikation zu den wichtigsten produktiven Kräften werden, liegt es nahe, auch neue Formen von Einkommen und Teilhabe jenseits der Lohnarbeit zu fordern. Arbeiten und gleichzeitig zum Sozialamt gehen müssen, das darf nicht länger sein! Aus Angst vor Erwerbslosigkeit alles hinnehmen, auch Demütigung und Konkurrenz, darf nicht länger sein! Bedingungsloses Grundeinkommen wär’ schon mal was.

Öffentliche Gelder müssen allen Menschen, die hier leben, zu gute kommen! Kulturelle Infrastruktur muss in erster Linie soziale Infrastruktur sein! Dazu gehört ein Bildungssystem, das nicht selektiert, sondern fördert, ebenso wie ein schneller, bezahlbarer, öffentlicher Nahverkehr und eine umfassende Gesundheitsversorgung sowie die Finanzierung von z. B. Stadtteilzentren und Schwimmbädern!

Das Gemeinsame ist eine Ressource, auf die alle ein Anrecht haben. Das gilt auch transnational. Die Frage, was ein sinnvolles Gemeinwesen wäre, stellt sich auch auf europäischer Ebene. Der Bedrohung Griechenlands mit dem Staatsbankrott und der rassistischen Rhetorik von den „faulen Griechen“ stellen wir die Frage entgegen, wie eine tatsächlich solidarische Gemeinschaft innerhalb Europas und darüber hinaus aussehen könnte. In Deutschland würde niemand auf die Idee kommen, Mecklenburg-Vorpommern pleitegehen zu lassen und dort die DDR-Mark wieder einzuführen.

Alle Menschen sollen ihren Aufenthalts- und Wohnort frei wählen dürfen. Wir wollen eine solidarische Gesellschaft, die mit patriarchalen und rassistischen Gewalt- und Herrschaftsverhältnissen bricht.

Kommt nach vorne!

Die Arroganz der Macht kotzt uns an und wir werden nicht müde, unsere Kritik und unsere Forderungen auf die Straße zu tragen. Unsere Lebens-, Lern- und Arbeitsverhältnisse sind genauso verschieden wie unsere Wünsche und Träume. Das Fehlen von Sicherheiten und Garantien ist uns gemeinsam: Ob wir als Künstler_innen oder Reinigungskraft arbeiten. Ob wir akut von einer Betriebsschließung bedroht oder schon erwerbslos sind. Ob wir neben dem Studium als DJ unterwegs sind oder als neue Selbständige unser unternehmerisches Selbst vor uns her treiben. Dieses negative Gemeinsame wollen wir, trotz all unserer Unterschiedlichkeit, zu einem positiven Gemeinsamen wenden lassen, zu einem Recht auf ein gutes Leben. Es wird Zeit, unser Leben zurückzufordern. Der Euromayday ist die Aufforderung an Euch, dieses positive Gemeinsame zum Schwingen und Tanzen zu bringen. Wir wollen den Zumutungen unseres Lebens unsere Wünsche und Forderungen entgegen stellen und eine große Party auf der Straße feiern. Der Euromayday ist eine Einladung, um gemeinsam zu kämpfen und zu feiern. Wir wollen kein Klagelied singen, sondern Vorschläge zu einem anderen Gebrauch des Lebens machen.

Tanz den Verhältnissen!

All dies ist uns fünf Jahre lang gut gelungen. Nun wollen wir uns neuen Projekten, neuen Formen des Protestes zuwenden. Fünf Jahre Euromayday Ruhr – Tanz den Verhältnissen, weil Kapitalismus immer noch scheiße ist!


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